12. Regionale Energiekonferenz …
Am 22.11.2023 fand im Haus der Wirtschaft der Industrie- und Handelskammer (IHK) Südthüringen in Suhl die 12. Regionale Energiekonferenz Südwestthüringen statt.
Die Grußworte der Veranstalter hielten der Landrat des Wartburgkreises, Herr Reinhard Krebs, als Präsident der Regionalen Planungsgemeinschaft (RPG) Südwestthüringen und der Vorsitzende des Energieausschusses der IHK Südthüringen, Herr Dr. Dirk Schramm.


Herr Felix Hübner von der Rhön-Rennsteig-Sparkasse präsentierte im ersten Auftaktreferat die ganz konkreten Herausforderungen, die sich insbesondere für Unternehmen durch europäische Vorgaben auf dem Weg zu einer nachhaltigen Wirtschaft ergeben (ESG-Taxonomie). Diese Vorgaben umfassen die Bereiche Umwelt, Soziales und gute Unternehmensführung. Anhand von Kriterien zu diesen drei Teilbereichen wird ermittelt, wie nachhaltig ein Unternehmen wirtschaftet und welche Nachhaltigkeitsrisiken es gibt. Anhand dieser Bewertung wird ein Ranking gebildet, welches den Finanzunternehmen/Kreditinstituten gestattet, dass Nachhaltigkeitsrisiko des jeweiligen Unternehmens zu beurteilen und um ggf. Risikoaufschläge bei Finanzierungen zu erheben. Eine große Rolle bei der Beurteilung spielen u.a. die Klimaneutralität und die nachhaltige Ressourcennutzung. Die Vorgaben, die anfangs vor allem von sehr großen Unternehmen zu erfüllen sind, werden Schritt für Schritt auch auf mittlere und kleinere Unternehmen übertragen, so dass eine entsprechende Anpassungsstrategie zu empfehlen ist.

Frau Manuela Lewehrt vom Unternehmen RITTWEGER und TEAM GmbH referierte zum gleichen Thema, aber aus einer anderen Perspektive. Spezialisiert auf die Zertifizierung von Nachhaltigkeitsprozessen, lag ihr Fokus auf beispielhaften Modellen eines ganzheitlichen Denkens auf dem Weg zur Dekarbonisierung. Insbesondere die Wiederverwertbarkeit von Materialien und der CO2-Depoteffekt durch die Kreierung von Stoffkreisläufen bilden einen zentralen Ansatz der Strategie (Cradle to Cradle). Durch die so konzipierten, intelligenten Stoffströme wird Kohlenstoff langfristig gebunden und eine weitere Belastung der Umwelt vermieden. Dass dies keine Zukunftsmusik ist, erläuterte Frau Lewehrt anhand von drei konkreten Beispielen aus Thüringen.

Eine Initiative unter Federführung der Ingenieurkammer Thüringen zur besseren Nutzung der Potenziale der Geothermie in Thüringen (Ettersburger Initiative „Geothermie für Thüringen“) wurde durch Herrn Dr. Ingo Raufuß vorgestellt. Zentrale Zielstellungen sind die Verbesserung der Rahmenbedingungen zur Nutzung dieser Energieform sowie die transparente Darstellung der Chancen und Risiken in der Öffentlichkeit. Ein großer Vorteil der Tiefengeothermie ist die gesicherte Leistung, die durch sie bereitgestellt werden kann. Sie liegt zum Teil noch deutlich über z.B. konventionellen bzw. nuklearen Kraftwerken. Durch den technischen Fortschritt in den letzten Jahren sind die Möglichkeiten der Energiegewinnung durch die oberflächennahe Geothermie und die Tiefengeothermie deutlich gewachsen. Damit verbunden ist die Vielfältigkeit ihre Anwendungsfälle, eine Reduzierung von Risiken und Kosten sowie eine Beschleunigung der technischen Umsetzbarkeit. Die erheblichen Potenziale der Geothermie gilt es in Zukunft verstärkt zu heben.

Herr Dr. Matthias Sturm von der Thüringer Energie AG erläuterte die Herausforderungen für die Gestaltung des Verteilernetzes durch den geplanten Ausbau der erneuerbaren Energien. Bereits jetzt übersteigt die Einspeiseleistung der erneuerbaren Energien die maximale Entnahme und wird sich bis 2045 vervielfachen. Eine konkrete Folge dieser Entwicklung ist z.B., dass die derzeitige Flut an Anträgen für einen Netzanschluss im Bereich der Photovoltaik zu monatelangen Wartezeiten in der Bearbeitung führt. Aber nicht nur die Integration der erzeugten Energie stellt eine Herausforderung dar, sondern auch die zukünftigen Verbraucherlasten, die sich durch den Zubau an Wärmepumpen oder den Zuwachs von Elektromobilen in den nächsten Jahren drastisch erhöhen werden. Gleichzeitig steigt auch der Leistungsbedarf der Thüringer Industrie durch Wachstum und Elektrifizierung (Dekarbonisierung). In der Summe entsteht ein immenser Ausbau- und Verstärkungsbedarf über alle Netzebenen hinweg. Herr Dr. Sturm plädierte daher für ein abgestimmtes Vorgehen aller relevanten Akteure zur gemeinsamen Gestaltung der zukünftigen Energieversorgung.


Das Institut für angewandte Wasserstoffforschung in Sonneberg (HySon) und sein vielfältiges Aufgabenspektrum wurde durch den Institutsdirektor Herrn Dr. Tobias Wätzel vorgestellt. Zentrale Botschaft von Herrn Dr. Wätzel war dabei, dass die Verwendung und die Sinnhaftigkeit des Einsatzes von Wasserstoff sehr stark von der ganz spezifischen Anwendung abhängt und nie pauschal, z.B. als Alternative zum Strom, gesehen werden kann. Wasserstoff spielt insbesondere bei der Speicherung von Überschussstrom und bei bestimmten industriellen Prozessen eine große Rolle, vor allem dort, wo Produktionsabläufe oder Mobilitätsangebote nicht elektrifiziert werden können. Aber auch in Bereichen, wo er nur als „Nebenprodukt“ gewonnen wird, weil das Hauptprodukt eigentlich Sauerstoff bzw. Ozon ist (z.B. bei Krankenhäusern oder Kläranlagen), kann der Wasserstoff trotz des Wirkungsgradverlustes ergänzend, z.B. in der standortbezogenen Wärmeversorgung oder der Mobilität, Anwendung finden. Generell wird er ein wichtiger Baustein im Transformationsprozess sein.

Frau Dr. Maxi Domke vom Landratsamt Wartburgkreis und Herr Jens-Uwe Eras von der Triveda GmbH präsentierten erste Ergebnisse eines Modellprojektes im Wartburgkreis zum Aufbau einer regionalen grünen Wasserstoffwirtschaft. Aus einer umfangreichen Analyse und vielen Gesprächen kristallisierten sich vier räumliche Schwerpunktbereiche heraus, bei denen durch Interessensbekundungen vor allem aus der Industrie und dem Verkehrssektor ein relevantes Potenzial zum Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur ableiten lässt. Jetzt soll ausgehend vom Erzeugungspotenzial vor Ort bzw. der Möglichkeit, sich an das Wasserstoffverteilernetz anzubinden, eine gemeinsame Strategie entwickelt werden, um die Projekte in die Umsetzung zu überführen.

Mit 50 Teilnehmenden fiel die Beteiligung bei der 12. Regionale Energiekonferenz Südwestthüringen aufgrund der Erkältungswelle und parallel stattfindender Veranstaltungen gegenüber den Vorjahren etwas geringer aus. Dies wurde aber durch das Engagement der Vortragenden und vor allem durch die Bereitschaft des Auditoriums, sich in den Diskussionen einzubringen, mehr als ausgeglichen. So wurden nicht nur die Diskussionsrunden und die Pausen für den fachlichen Austausch genutzt, sondern auch nach dem Konferenzende bildeten sich Grüppchen, in denen fleißig „genetzwerkt“ wurde. Die vielen positiven Rückmeldungen sind Ansporn für die Vorbereitung der nächsten Konferenz in 2024.
Nachfolgend stehen die freigegebenen Vorträge der Referentinnen und Referenten als pdf-Version zum Nachlesen und Downloaden bereit:
► Auswirkungen der ESG-Taxonomie auf die zukünftigen Finanzierungsbedingungen von Kommunen und Unternehmen (Felix Hübner, Rhön-Rennsteig-Sparkasse)
Ettersburger Initiative „Geothermie für Thüringen“ (Dr. Ingo Raufuß, Geotechnik Heiligenstadt GmbH)