13. Regionale Energiekonferenz …
Am 20.11.2024 fand im Haus der Wirtschaft der Industrie- und Handelskammer Südwestthüringen in Suhl die 13. Regionale Energiekonferenz Südwestthüringen statt.
Die Grußworte der Veranstalter hielten der Bürgermeister der Stadt Sonneberg, Herr Dr. Heiko Voigt, als Präsident der Regionalen Planungsgemeinschaft Südwestthüringen, der Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Südthüringen, Herr Dr. Ralf Pieterwas und von der Hochschule Schmalkalden (Fakultät Wirtschaftsrecht), Herr Prof. Dr. Wojciech Lisiewicz.

Herr Dr. Voigt thematisierte in seinem Grußwort die besondere Rolle der Städte und Gemeinden bei der Umsetzung der Energiewende. Anhand von konkreten Beispielen der Stadt Sonneberg erläuterte er die Notwendigkeit, die Wertschöpfung bei der Erzeugung von erneuerbaren Energien vor Ort zu halten und nicht nur Flächenspender für Investoren zu sein. Die Stadt Sonneberg verfolgt dabei einen ganzheitlichen Ansatz und ist mit der Gründung von HySon (Institut für angewandte Wasserstoffforschung) sowie vielen praktischen Erprobungen mittlerweile führend im Bereich molekülbasierten Transformation auf der kommunalen Ebene.
Herr Prof. Dr. Kai-Uwe Totsche, Leiter des Lehrstuhls für Hydrogeologie der Friedrich-Schiller-Universität Jena, beschrieb im Auftaktreferat sehr anschaulich die ökosystemaren Zusammenhänge, die es bei der Entwicklung von Anpassungsstrategien zur Bewältigung der Folgewirkungen des Klimawandels zu beachten gilt. Die zum Teil langwierigen und komplexen Wirkungsbeziehungen eines Ökosystems und die mit ihm verbundenen multiplen Ökosystemleistungen erfordern eine sektoren- und schutzgutübergreifende (systemische) Betrachtung in der Raum- und Landschaftsplanung. Konkret erläuterte er die damit verbundenen Herausforderungen am Beispiel des Grundwasserraums. Sein Plädoyer mit Blick auf den sich verstärkenden Klimawandel war, Raumnutzungssysteme nicht nur zwei- sondern dreidimensional zu analysieren und zu planen. Dafür bedarf es allerdings eines Perspektiv- und Paradigmenwechsels weg vom Maximieren einer Nutzung/Funktion hin zum Optimieren multipler Ökosystemdienstleistungen. Erforderlich sind ein integriertes Landschaftsmanagement / Raumplanung und eine klimakonforme Landbewirtschaftung. Hierfür müssen aber das generelle Verständnis und die notwendigen rechtlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden, geeignete Lösungsansätze liegen bereits vor. Alle Akteure sind aufgerufen, in ihrem Verantwortungsbereich aktiv zu werden.
Herr Dr. Kai Pfannschmidt vom Kompetenzzentrum Klima bei der Thüringer Landesanstalt für Umwelt, Bergbau und Naturschutz präsentierte den neuesten Forschungsstand zum Klimawandel. Demnach bewegt sich die Menschheit auf einem Pfad, der eine Erwärmung von 2,7 °C gegenüber dem vorindustriellen Durchschnittswert erwarten lässt. Was das konkret für die Planungsregion Südwestthüringen bedeutet, illustrierte Herr Dr. Pfannschmidt u.a. anhand der Entwicklung von milden (starke Zunahme) und kalten (starke Abnahme) Wintern und machte dabei deutlich, wie dramatisch die Entwicklung bis zum Ende des Jahrhunderts sein wird. Eine hohe Relevanz insbesondere für die Landwirtschaft hat die Verschiebung der saisonalen Niederschläge vom Frühjahr in den Sommer. Die fehlenden Frühjahrsniederschläge zu Beginn der Vegetationsperiode erhöhen den Bewässerungsbedarf bzw. führen zu einer Wasserunterversorgung der Pflanzen. Der vermehrte Niederschlag im Sommer wird dagegen häufiger durch Starkniederschlagsereignisse geprägt. Gleichzeitig trocknen die Böden durch die erhöhten Temperaturen schneller aus (Dürreperioden). Diese Entwicklungen erfordern geeignete Anpassungsstrategien, z.B. in der Landbewirtschaftung, beim Erosionsschutz sowie der Versorgung mit Trink- und Brauchwasser.
Herr Rico Bolduan von der Thüringer Wärme Service GmbH, einer Tochter der Thüringer Energie AG (TEAG), erläuterte zu Beginn seines Vortrages den Ist-Stand sowie die Tendenzen der zentralen Handlungsfelder in der Wärmeplanung (Raumwärme, Prozesswärme, Kraft-Wärmekopplung). Während im Heizungsbestand Erdgas als Energiequelle deutlich überwiegt, dominiert im Neubau bereits die Wärmepumpe. Grundsätzlich ist Thüringen bei der Wärmeplanung aufgrund der frühzeitigen rechtlichen Regulation und dem Fernwärmebestandsnetz relativ gut aufgestellt. Einmalig in Deutschland ist dabei, dass die kommunalen Stadtwerke und die TEAG gemeinsam eine Strategie für den Transformationsprozess erarbeitet haben. Bei der Umstellung gibt es viele technologische Optionen (z.B. Biomasse/-gas, Wärmepumpe, Fern-/Nahwärme, Abwärme, E-Fuels), die auf den Einzelfall angepasst werden müssen. Zusätzlich besteht dort, wo es keine andere sinnvolle Lösung gibt, auch die Möglichkeit auf Wasserstoff als Energieträger zurückzugreifen. Die Anbindung an das bundesdeutsche Kernnetz ist gesichert, das Verteilernetz wird ausgebaut. Der zentrale Vorteil der Umstellung auf einheimische Ressourcen besteht neben der Treibhausgasneutralität vor allem in der regionalen Wertschöpfung.
Herr Lars Weber von den Stadtwerken Meiningen GmbH ging aus Sicht eines kommunalen Versorgers ganz konkret auf die Herausforderungen ein, welche die Umstellung auf erneuerbare Wärme mit sich bringen. Das Hauptaugenmerk seiner Betrachtungen lag auf der Fernwärme. Die Stadtwerke Meiningen unterhalten mehrere, voneinander getrennte Fernwärmenetze. Die Abnehmerstruktur ist überwiegend durch Wohnnutzung gekennzeichnet. Ein zentraler Baustein bei der lokalen Wärmegewinnung wird ein als intelligentes Kraftwärmekopplungskraftwerk geplantes Blockheizkraftwerk in Verbindung mit einer Flusswärmepumpe und einer Biogasanlage sein. Aufgrund des relativ geringen Flächenpotenzials für Windenergie, Freiflächenphotovoltaikanlagen und für Solarthermie im unmittelbaren Umfeld sowie des fehlenden Zugangs zum Wasserstoffnetz gestaltet sich der Transformationsprozess vor Ort relativ schwierig. Gleichzeitig erfordert der unkoordinierte Zubau bei Wärmepumpen in Verbindung mit Photovoltaikanlagen, Speichern und Wallboxen den zügigen Ausbau von intelligenten Messsystemen. Insgesamt bleiben die Herausforderungen hoch, sowohl bei der technischen Realisierbarkeit der Wärmewende als auch bei ihrer Finanzierung.

Herr Frank Schnellhardt von AreaCharge GmbH stellte einen Ladeservice für Mieter in Wohnquartieren vor. Die Erschließung von Wohnquartieren mit einem kostenverträglichen Ladeservice für E-Autos ist eine entscheidende Komponente, um die Elektromobilität generell attraktiver zu machen und um sie in der Fläche zu etablieren. Die besondere Herausforderung besteht in der Sicherung der Wirtschaftlichkeit des Angebotes aufgrund der hohen Vielfalt an Bedarfs-, Stellplatz- und Anschlussszenarien, der in der Regel hohen Kostensensibilität für Ladetechnik und Ladeservice sowie der potenziellen Nutzerzahl. Die entwickelte Lösung besteht in einem quartiersbezogenen Systemansatz. Ein unkomplizierter Ladezugang, einfache Abrechnungsmodalitäten und ein Preis nicht höher als der jeweilige Haustarif bilden die Voraussetzungen für ein attraktives Angebot. Basis ist ein MultiChargePoint mit bis zu sieben Ladeplätzen. Durch die übergeordnete Steuerung und die Vermeidung von Gleichzeitigkeit können die Ladevorgänge optimiert und die Verfügbarkeit von Ladeplätzen im Quartier erhöht werden. Das Wohnquartier kann der Bedarfsentwicklung entsprechend schrittweise mit dem Ladesystem ausgestattet werden. Bisher wurden 120 Ladepunkte in 36 Pilotstandorten installiert.
Herr Dr. Dirk Schramm vom Ingenieurbüro für Energiewirtschaft Dr.-Ing. Dirk Schramm GmbH stellte das Elektromobilitätskonzept seines Unternehmens vor. Einführend erläuterte er den Stand der Elektromobilität in Deutschland und in Thüringen. Um die politisch formulierten Ausbauziele zu erreichen, ist eine zusätzliche Dynamik sowohl bei der Fahrzeugnutzung als auch beim Ausbau der notwendigen Infrastruktur erforderlich. Die Preisentwicklung des Emissionshandels wirkt als zusätzlicher Treiber für die Elektrifizierung des Fahrzeugbestandes. Für ein Unternehmen spielen neben ökonomischen und umweltpolitischen Erwägungen bei der Umstellung auf Elektroantriebe insbesondere auch Fragen der Arbeitgeberattraktivität und des Images eine wichtige Rolle.
Zudem legte er dar, wie im Laufe der letzten Jahre die technischen Voraussetzungen am Unternehmensstandort geschaffen wurden und der Fuhrpark Schritt für Schritt auf Elektromobilität umgestellt wurde. Durch hausinterne Befragungen der Mitarbeiter, eine eingehende Beschaffungsanalyse und die kontinuierliche Auswertung der verfügbaren Daten konnte das Kosten-Nutzenverhältnis für die eingesetzten Elektrofahrzeuge stetig verbessert werden. Gleichzeitig wuchs der Anreiz zur Nutzung der E-Autos durch die Mitarbeiter. In der Summe ergibt sich bereits jetzt ein signifikanter Kostenvorteil für das Unternehmen, obwohl die Umstellung auf die Elektromobilität noch nicht vollständig abgeschlossen ist.
Knapp 70 Teilnehmer nahmen an der diesjährigen 13. Regionalen Energiekonferenz Südwestthüringen teil. Die Themenvielfalt der Veranstaltung spiegelte sich auch in den angeregten Diskussionen in den Pausen wieder. Besonders erfreulich war die erstmalige Mitwirkung der Hochschule Schmalkalden als drittem Veranstalter.

Nachfolgend können sie die freigegebenen Vorträge der Referentinnen und Referenten als pdf-Version nachlesen und downloaden.
Auftaktreferate
Klimawandel und Klimaanpassung in Thüringen – Herausforderungen und Chancen (Prof. Dr. Kai-Uwe Totsche, Friedrich-Schiller-Universität Jena)
Regionalisierte Daten und Fakten zum Klimawandel in Südwestthüringen (Dr. Kai Pfannschmidt, Thüringer Landesamt für Umwelt, Bergbau und Naturschutz / Klimakompetenzzentrum Thüringen)
Vormittagssession
Stand und Perspektiven der Wärmeversorgung in Thüringen (Rico Bolduan, TWS Thüringer Wärme Service GmbH)
Stand und Herausforderungen zur kommunalen Wärmeversorgung aus Sicht eines regionalen Versorgers (Lars Weber, Stadtwerke Meiningen GmbH)
Nachmittagssession
Innovative Ansätze zum Aufbau eines Ladeservice für Elektrofahrzeuge in Wohnquartieren (Frank Schnellhardt, AreaCharge GmbH)
Praxiserfahrungen beim Aufbau der Ladesäuleninfrastruktur (Dr. Dirk Schramm, Ingenieurbüro für Energiewirtschaft GmbH)